Menu Schließen

Mein Götze der Anerkennung

Weil ich notorisch zu spät aufstehe, habe ich es mir zur Gewohnheit gemacht, die Bibel auf dem Schulweg im Zug zu lesen. An einem Morgen zögerte ich jedoch, wie üblich meine grosse, in Gold eingebundene Bibel aus meinem Rucksack zu kramen – eine Kollegin aus der Parallelklasse sass in einem benachbarten Abteil. «Was würde sie von mir denken, wenn ich tatsächlich die Bibel auspackte? Und was würde sie meinen Kameraden über mich erzählen?» Auch die Bemühung, mir einzureden, dass mich ihre Meinung nicht kümmern muss, fruchtete nicht. Der Gedanke, was sie von mir halten würde, konnte ich wie ein zu grosses Stück Fleisch nicht schlucken. Meine Menschenfurcht sah den Grund nicht ein, wieso ich meinen Ruf für diese kleine Handlung aufs Spiel setzen sollte.

Hätte ich die Bibel aus dem Rucksack gezogen und Matthäus 6,24 aufgeschlagen, hätte ich lesen können: «Niemand kann zwei Herren dienen, denn entweder wird er den einen hassen und den anderen lieben, oder er wird dem einen anhängen und den anderen verachten. Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon!» Jesus setzt hier einen sehr ernsten Ton an. Wir können nicht Gott und der eigenen Ehre dienen. Entscheiden wir uns für die Anerkennung, leben wir zur Ehre eines falschen Gottes. Das Problem dabei: So werde wir nie die Befriedigung und die wahre Freude in Gott finden. So fest ich auf das Gas drücken will, der Motor bleibt gedrosselt. Aus eigner Kraft bin ich nicht in der Lage, von dieser Begierde loszukommen. Wir werden weiterhin Kompromisse eingehen, nur lauwarm für unseren Glauben einstehen und anderen unser christliches Zeugnis vorenthalten, um dazuzugehören oder von Kollegen angenommen zu werden.

Anerkennung ist an sich nicht schlecht. Wir sind als Wesen geschaffen worden, die Gemeinschaft und Liebe von anderen brauchen. Doch wenn sie einen so hohen Stellenwert einnimmt, dass du dich nicht mehr getraust, mit deinen Kollegen über das Evangelium zu sprechen, ist sie zum Götzen geworden, der dich dominiert und dich schliesslich auffrisst, wie es Timothy Keller in diesen drastischen Worten ausdrückt.

Doch wieso ist mir diese Anerkennung so wichtig, dass ich sogar meine wichtigste Gewohnheit dafür preisgebe?

Mein Leben ist ein ständiges Suchen nach einem guten Gefühl. Die Bewunderung anderer ist mir deshalb so wichtig, weil ich so dieses gute Gefühl erzeugen kann. Bekomme ich Anerkennung, bin ich glücklich, beflügelt und ermutigt. Bekomme ich sie nicht, lasse ich mich von meinen negativen Gefühlen zu anderen Tätigkeiten leiten, die meinen Gefühlszustand wieder auf das erwünschte Niveau heben oder mich das schlechte Gefühl (zumindest für eine Zeitlang) vergessen lassen. (Zum Beispiel durch exzessiven YouTube-Konsum.) Im Moment, indem ich keine Anerkennung erhalte, schlägt der Götze zurück. Er bricht sein Versprechen, mir langfristig ein gutes Gefühl zu bescheren und lässt mich entmutigt, frustriert und desillusioniert zurück. Ein solch negativer Gefühlszustand vermeide ich um jeden Preis. Also strenge ich mich noch mehr an, um wieder geliebt, gesehen und bewundert zu werden, um mich schlussendlich wieder gut fühlen zu können: Ich rede nicht mehr über das Evangelium, kaufe mir teurere Kleider und passe mich der säkularen Kultur an, um anstatt anzuecken bewundert zu werden.

Um aus diesem Kreislauf auszubrechen, müssen wir geheiligt werden oder wie es in Johannes 3,30 steht: «Ich muss abnehmen, Christus muss zunehmen.» Es nimmt uns die Kraft, wenn wir aus eigenen Anstrengungen versuchen, aus dieser Abhängigkeit loszukommen. Um in diesem Kampf zu siegen brachen wir Gnade. Wir müssen lernen, zu Gottes Ehre zu leben. Erst dann ist das Ziel nicht mehr die Anerkennung.

Doch es gibt Hoffnung. Gott vergeltet uns unsere Missetaten nicht, wenn wir seine Kinder sind. Durch Christus sieht Gott uns nicht mehr mit dem schmutzigen Kleid der Sünde, sondern angetan mit einem schneeweissen Überzug. Er kann dich immer mehr heiligen, dass du den Götzen der Anerkennung immer mehr aus deinem Leben verbannen kannst. Bete dafür!

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.